Theaterbericht |

Glaubst du an die Todesstrafe?

Leonie

Dead Man Walking beruht auf der wahren Geschichte der Helen Prejean, das Buch wurde 1995 verfilmt und 2000 von Jake Heggie als Oper entwickelt. Premiere der Inszenierung von Wolfgang Nägele im Theater Bielefeld war am 13.01.2019.

Zwei junge Liebende werden brutal ermordet, die Mörder sind schnell gefasst. Einer von ihnen wird zum Tode verurteilt, während sein Mittäter Lebenslänglich bekommt. Der Todeskandidat fängt an sich in Briefen einer Nonne, Sister Helen Prejean mitzuteilen. Trotz der entsetzlichen Tat ist er in den Briefen ein sympathischer Mensch und die Nonne nimmt den weiten Weg auf sich, um seiner Bitte nachzukommen, sie persönlich kennenlernen zu dürfen. Sister Helen versucht alle Hebel in Bewegung zu setzen, damit Josephs Urteil nicht vollstreckt wird, diese Vorhaben scheitern. Schlussendlich begleitet sie ihn bis zu allerletzt, obwohl es sie selbser quält, da er bis zum Schluss nicht zugeben kann, dass er es wirklich war. Auch die Eltern der Ermordeten machen Sister Helen Vorwürfe, zum Beispiel, dass sie immer auf der Seite des Mörders gestanden habe. Sister Helen sucht Stütze in ihrem Glauben, an Gott der gütig ist und alles vergeben kann, auch das was Menschen nicht vergeben können. Ob sie selbst Joseph seine Taten wirklich vergibt bleibt offen. Auch stellt sich die Frage, ob sich Sister Helen es mit „I am not here to judge, God will judge and forgive“ zu einfach macht oder ob sie dies zu einer besonders guten Seelsorgerin macht.


Die Beschäftigung mit der Frage, ob Todesstrafe berechtigt ist, nicht nur in diesem Fall, macht dieses Stück zu einem politischen. Bis heute gibt es die Todesstrafe in den Vereinigten Staaten von Amerika und nicht nur dort bleibt die Frage offen. In Deutschland ist die Todesstrafe seit den 50er Jahren formal abgeschafft und trotzdem werden, bei besonders schlimmen Verbrechen immer wieder Rufe laut, dass es Verbrechen gäbe, für die ein Mensch den Tod verdient. In Dead Man Walking werden dazu die Fragen gestellt: „Does this monster deserve to live? Do we derserve his death?“ Auch deshalb ist es auch für Deutschland ein aktuelles Thema.


Immer wieder gibt es während des Stücks kurze Standbilder, diese geben dem Publikum Zeit, kurz über die offenen Fragen nachzudenken, während die Stimmung musikalisch weiter aufgebaut bleibt.
Die beinahe ausverkaufte Derniere von Dead Man Walking endete mit fast 10-minütigem Applaus und Jubelrufen. Vor allem die Hauptdarsteller bekommen tosenden Applaus, auch weil Sister Helen Prejean am 29.3. aus Krankheitsgründen nicht wie gewohnt von Nohad Becker gesungen wird, sondern von der aus Erfurt angereisten Antigone Papoulkas, die erst wenige Stunden vor der Vorstellung überhaupt in Bielefeld ankam und so den Abend rettete.

 

 

Foto: Theater Bielefeld