Theaterbericht |

Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui

Leonie

Am Sonntag feierte Bertolt Brechts Parabel Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui Premiere am Stadttheater Bielefeld. Inszeniert haben dieses Stück Tim Tonndorf und Robert Hartmann vom Theaterkollektiv PRINZIP GONZO. Tim Tonndorf bereits einige Stücke am Theater Bielefeld inszeniert und mit Arturo Ui wurde diese Zusammenarbeit nun fortgesetzt.

Die Schauspielsparte des Theaters Bielefeld hat mit Arturo Ui mit einem Stück die Spielzeit eröffnet, welches durchaus politisch genannt werden kann. Von Bertold Brecht 1941 im Exil geschrieben, um den Aufstieg Hitlers begreifbarer zu machen, ist vor allem das bekannte Zitat „Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem das kroch“ auch heute definitiv nicht nur historisch, sondern nahezu topaktuell, ob man es nun hören will oder nicht. Die Inszenierung, mit ihrer leicht geänderten und angepassten Handlung am Theater Bielefeld erlaubt einen satirischen Blick auf die Begebenheiten heute wie damals. Besonders die kleinen Anspielungen auf die Moderne sind für einen Lacher gut, so hat einer der Gangster ein Kennzeichen mit NSDAFD drauf und der Moment in denen sich der Gangsterboss, um besser verständlich zu sein und weniger aufzufallen, sich vorstellen soll er sei ein weißer Mann, dessen Position nun von einer Frau bekleidet wird. In dieser zentralen Szene, die in dieser Inszenierung den Aturo Ui von unverständlichen Hitlerparodie in einen charmanten mit Argumenten überzeugenden Bürger verwandelt, statt ihn durch Sprachtraining zur Diktatorschablone zu machen, wird auch der Aktualitätsbezug sehr deutlich. Gefährlich ist eben nicht nur das was wie Hitler aussieht und so klingt, sondern auch das was sich wenn auch höflich und charmant seiner und ähnlicher Inhalte bedient.

 

Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui erzählt die Geschichte eines kleinen Gangsters in den 1920er Jahren in Chicago. Der Gemüsehandel steckt in einer tiefen Krise, Arturo Ui bietet sich als Hilfe an, wird aber zunächst von den sich als rechtschaffend verstehenden Mitgliedern des Karfioltrusts (Blumenkohlkartell) abgewiesen. Sie versuchen sich zu retten, indem sie auf den ersten Blick sehr geschickt den angesehen Politiker Dogsborough bestechen ihnen mit städtischen Mitteln aus der Patsche zu helfen. Doch wie das nun mal so ist, bleibt auch dieser Betrug nicht lange unentdeckt. Eine Untersuchung droht alle Beteiligten zu ruinieren. Nun hat Ui seine Chance, er nutzt die Schwächen der anderen für sich und hat bald durch eine Mischung aus Verführung, Drohung und Dreistigkeit alle Beteiligten und noch ganz andere unter seinem Einfluss. Manipulation ist Arturo Uis Stärke und dass Nutznießer der Macht seine Methoden verharmlosen und ihn weiter stützen, scheint selbstverständlich egal wie absurd es von außen aussieht.

 

Einen besonderen Beitrag leisten auch die Schauspielerinnen und Schauspieler in dieser Inszenierung, viele spielen wieder mehrere Rollen in einem Stück. Für diese Verwandlungskunst der schnellen Umzüge seien an dieser Stelle auch die Maske und die Ankleider und Ankleiderinnen ausdrücklich gelobt. Carmen Priego spielt den Arturo Ui absolut herausragend und die drei des Karfioltrusts Alexander Stürmer, Susanne Schiefer und Cornelius Gebert geben eine teilweise so slapstickartige Performance ab, dass das Trio an die Hyänen aus König der Löwen erinnert.

 

Diese Geschichte von Opportunismus und den Verflechtungen von Politik und wirtschaftlichen Interessen, die immer einen Preis haben, ist nicht zuletzt wegen der großartigen Leistung der Schauspieler und Schauspielerinnen absolut sehenswert. Weitere Termine gibt’s es hier: https://theater-bielefeld.de/veranstaltung/der-aufhaltsame-aufstieg-des-arturo-ui.html

 

Text: Leonie